Bislang, also bis Sommer 2020, war ich ja mit dem SCHWÄLBCHEN unterwegs, einer SIRIUS DS31. In diesen Bootstyp hatte ich mich bei einem BOOT-Besuch vor gut 20 Jahren verliebt, zuerst etwas unglücklich, denn erstens stand ein Bootskauf noch gar nicht an, und zweitens lag SIRIUS deutlich außerhalb meiner finanziellen Reichweite.

Das änderte sich 2010, als erstens der Bootskauf anstand und ich zweitens nach einigem Suchen eine gute Gebrauchte – und deshalb Erschwingliche – fand, das SCHWÄLBCHEN, mit dem ich zehn Jahre lang zuerst durch den Norden und dann durch den Süden fuhr. Ein Traum war in Erfüllung gegangen. Aber wie Wilhelm Busch schon bemerkte: „Ein Traum, wenn er erfüllt, kriegt augenblicklich Junge.“

Dieses Junge hatte ich ebenfalls auf einer BOOT bewundert, die damals ganz neue Lagoon 380. Also charterte ich 2009 im Ionischen Meer eine Lagoon für drei Wochen. Ein zweiter Traum. Der aber noch warten musste, denn für das Wochenend- und Feriensegeln in unseren Breiten wie auch für mein Porte-monaie war mein erster Traum, die SIRIUS, einfach angemessener. Jahre später, mittlerweile haupt-beruflich Segelreisender mit erhöhtem Platzbedarf aufgrund von Crewzuwachs, bin ich meinen zweiten Traum angegangen, und seit dem 6. Januar 2020 bin ich Eigner einer Lagoon 380 S2. Der SCHWALBE.

Ihre stattlichen Maße: 11,5 x 6,5 x 17,2 x 1,15; leer wiegt sie 9 t, gute 2 t können wir zuladen. Ihre Segelfläche am Wind beträgt knapp 80 m2; ein Gennaker vergrößert die Segelfäche um 30 m2.

Der ursprünglich genutzte Spinnaker ist 104 m2 groß, aber wir haben ihn vor unserer Großen Überfahrt ausgetauscht gegen einen gleich großen Parasailor, der speziell für eine kleine Crew besser und leichter beherrschbar ist, zumal auf einem Kat, und zweitens auch deutlich effektiver.

Tom, den deutsche ISTEC-Dealer aus HH, kenne ich von einigen Fun-Regatten. Er hat uns in Größe und Farbe trefflich beraten und ist letztlich nach Friesland gekommen, um uns kompetent und praxisnah in die Kunst des Parasailings einzuweisen.

Eigentlich ganz einfach. Wenn man weiß, wie’s geht. Und schon bei 3-4 kn Wind, wenn andere noch motoren, zieht uns unser neues Lieblingssegel schon flott durch die Gegend. Tom meint, bei maximal 25 kn sollte man ihn einholen. Sehr mutig, oder?

Da nimmt man das pinke Vordeck doch gerne in Kauf!

Das alles macht die SCHWALBE nicht zur Renntaube, aber sie spricht auch bei wenig Wind gut an. Als Topspeed konnten wir bisher gute 9 kn loggen, und der Wendewinkel ist GPS-gemessen etwa 100-110°. Nicht schlecht für einen Kat, denke ich, aber Speed und Höhe sind uns ohnehin nicht so wichtig.

Bei Flaute sorgen zwei Volvo-Pentas mit je 30 PS für zügiges Fortkommen. Zwei 130 Ltr-Tanks garantieren reichlich Reichweite, zumal bei Marschfahrt von etwa 6 kn eine der Maschinen Pause macht und die andere ganz sparsam mit deutlich unter zwei Liter Diesel / h auskommt – ich hab’s erst nicht glauben können! Die beiden Maschinen machen das Manöverieren auf engem Raum recht einfach. Man muss nur erst mal verstehen, dass man mit den Maschinen arbeitet muss; aber dann hat Tom uns gezeigt, wie man das Ruder auch beim Anlegen noch nutzen kann. Im Prinzip kann man unsere Wuchtbrumme auf dem Teller drehen – nur: bei Wind sorgt der hohe Aufbau dafür, dass der Teller sich bewegt.

Das Cockpit ist recht großzügig ausgelegt; es ist geschützt durch ein faltbares Bimini, das sich durch Rück- und Seitenteile in eine sehr durchdachte Kuchenbude mit Türe verwandelt. Trotzdem werden wir noch aufrüsten müssen, denn diese Lösung lässt erstens vor Anker keine Luft ins Cockpit – bei Mittelmeertem-peraturen eher unangenehm – , und zweitens ist der Steuerstand ungeschützt vor Wind, Regen und Sonne. Dummerweise habe ich das als Option angebotene Fest-Bimini im Herbst nicht bestellt, sondern mit anderen Lösungen geliebäugelt. Mittlerweile sind wir so weit, in den finanziell sauren Apfel zu beißen, aber vor Antritt unseres Törns ins MED war der Einbau nicht mehr zu realisieren. Also später!

Der Steuerstand liegt etwas höher als das Cockpit; hier laufen alle Leinen zusammen, die SCHWALBE ist tatsächlich einhandtauglich; die Navgation ist vollständig, war aber etwas in die Jahre gekommen und wurde teilweise ausgetauscht. Im wesentlichen betrifft das einen neuen Raymarine-Plotter und in dessen Gefolge ein neues, weil nicht mehr analoges Radar, ein AIS, und auch die Funke haben wir ausgemustert.

Am anderen Schiffsende laden die Trapeze ein zum Sitzen, Liegen, Schlafen (jedenfalls bei entsprechenden Bedingungen – herrlich unter dem Sternenzelt) und natürlich zum all-abendlichen Sundowner-Kommando: “Treffpunkt Vorschiff!“ In den Bugspitzen stehen zwei „Schneewittchen-Sitze“ zur Verfügung, wenn man „vor dem Boot herfahren“ will.

Das Bug-Ankergeschirr tauschten wir aus. Der 27 kg Edelstahl-Anker von Ultra durfte bleiben, weniger wegen des schicken Edelstahl-Designs als vielmehr wegen guter Kritiken. Mit dem Kettenvorläufer samt 50 m Trosse wären wir im Mittelmeer nicht gut bedient gewesen, wir entschieden uns also für 90 m 10mm verzinkte Kette plus 15 m Trosse und Hahnepot. Der kleinere Heckanker kann mitsamt seiner Trosse und der dazu passenden Winsch bleiben; zudem fahren wir eine Ankerolina am Heck.

Die diversen Backskisten mussten wir regelrecht organisieren. Überall gibt es Staumöglichkeiten in kat-typischen Ausmaßen, also riesig. Andererseits sind auf der SCHWALBE zwei Jäger und Sammler auf Langfahrt unterwegs, heißt: Im Bewusstsein, es sei besser zu haben als zu brauchen, strapazieren wir unser zulässiges Gesamtgewicht mächtig mit Werkzeugen und Ersatzteilen aller Art. Die Kisten in der Plicht sind ja noch überschaubar, hier findet sich Allerweltzeugs, also das, was man täglich braucht (inkl. dem Allday-Werkzeugkasten, nicht zu verwechseln mit dem großen Werkzeugkasten), zwei Festmacher für achtern und zwei Gasflaschen mit Fernabschalter.

Bei den beiden großen „Kisten“ im Deck vorne zwischen den Rümpfen wird’s dann richtig üppig; sie beherbergen die beiden 300 ltr Wassertanks, Schlauch und Deckdusche, Schrubber, alle Fender, Ankergeschirr, Festmacher und andere Leinen, Boots – und Bojenhaken.

In den Bug-Backskisten kann ein großer Mann aufrecht stehen, oder auch ausgestreckt liegen. Bisher war das ein völlig unorganisierter leerer Raum. So haben wir steuerbords die Back-„Kiste“ mit Regalen und einer Kleiderstange für Seezeug und Tauchequipment nutzbar gemacht. Backbords oben haben wir die Segellast eingerichtet, eine Etage tiefer sind Kanister mit Öl, Frostschutz, Pflegemittel und einige Ersatzteile gelagert.

Über den Motorräumen liegen Trennbretter, auf denen backbords Land- und andere Elektro-Kabel gestaut sind, steuerbords müssen wir noch mal nachdenken. A propos Motorraum: Es wäre übertrieben, sie als begehbar zu bezeichnen, aber man kann darin neben den Motoren knien, kommt bestens von allen Seiten an die Motoren ran und hat Platz für Wartungsarbeiten oder Reparaturen.

Die gesamte Stauerei muss sich noch bewähren, denn das Manko des Kats ist es, dass man ihn nicht zu sehr belasten sollte, schon gar nicht den Bug. Für uns segelnde Jäger und Sammler ein Dilemma!

Eine Schiebetür und ein Schiebefenster verbinden Cockpit und Salon mit Navi-Ecke und Pantry – sehr gut, dann ist der Smutje nicht ganz ausgeschlossen vom restlichen Bordleben und kann bei Bedarf vermelden: „I declare the bazar open!“. Die Küche ist wie bei Muttern: dreiflammiger Herd und Backofen, zwei Spülbecken, der Kühlschrank ist schon fast unübersichtlich groß, leider ein Frontlader mit sehr viel Tiefe, an dessen praktische Nutzung wir uns erst mal gewöhnen mussten – es war aber alles wohl durchdacht.

Die Naviecke direkt neben der Tür erinnert weniger an Navigation als vielmehr an eine Technik-Zentrale, in der alle Elektrik und Elektronik fein säuberlich zusammenkommt. Und weil der „Nav-Tisch“ das Briefmarken-format nur unwesentlich überschreitet, ist er Sperrgebiet für Gerümpel und Geraffel jeglicher Art, zweck-fremde Nutzung strengstens untersagt, auch nicht mal ausnahmsweise, auch nicht vorübergehend, gar nicht! Liegeerlaubnis ausschließlich für Laptops, iPads, Handys!

Letztlich: Die Kisten unter den Salonbänken bieten einen enormen Stauraum für Vorräte aller Art inkl. Wasserreservoirs, Weinbunker und Bierkeller. Pött un Pann verschwinden in den Schränken steuerbords.

Der Salon gewährt den für uns gewohnten 360°-Rundum-Blick. Die runden Formen der Sitzecke sind noch etwas gewöhnungsbedürftig, lang machen ist nur für Menschen mit bananenförmigen Körpern so richtig bequem. Die kleine Bank war zudem so nahe am Tisch angebracht, dass dort auch erheblich schlankere Menschen als der Skipper nur mit angehaltetem Atem sitzen konnten. Kurzerhand haben wir den Schreiner unseres Vertrauens beauftragt, das Oval an einer Seite um 17 cm zu kappen. Jetzt passt’s!

Der Steuerbord-Rumpf gehört uns (SCHWALBE ist die 3-Kabinen-Version der 380 S2). Er ist durch eine große Schiebetür vom Salon abtrennbar, so dass man auch bei Besuch im Adamskostüm ins Bad marschieren kann, ohne öffentliches Ärgernis auszulösen. Drei Stufen nach unten befindet sich ein kleiner Vorraum, das „Büro“ mit Mini-Schreibtisch und Schrankraum für alles, was man als Bürohengst so braucht. Die Schränke rechts und links davon sind für unsere Klamotten.

Achtern liegt die Eignerkabine mit einem wahrhaftig großen Bett – Koje würde es nicht recht treffen. Reichlich Schränke und Stauraum, viel Licht. Besonders die großen Rumpffenster haben es uns angetan: Hafenkino aus dem Bett raus! Allerdings – Wermutstropfen – auf die Dinger muss man gut acht geben, die Fender zum Nachbarn sollten hier nicht gegen drücken.

Auch das Bad mit separater Dusche hat eher Haushaltsmaße; genug Platz für die wesentlichen Dinge des Alltages inklusive ausführliche Wasserspiele. Bis auf das Becken: Das ist größenmäßig eher für Menschen ausgelegt, die sich eigentlich gar nicht waschen wollen.

Der Backbord-Rumpf ist unseren Gästen vorbehalten. Hier finden sich eine recht große Achterkabine mit ausreichend Stauraum. Die kleinere Bugkabine dient als “Not-Gästekabine” und ansonsten als willkommener Stauraum. Zwischen den Kabinen liegt ein Gästebad mit Dusche, das Ganze in yachtüblichen Ausmaßen.

In Sachen Energieversorgung haben wir aufgerüstet; das war bisher wohl eher für Revierfahrt mit all-abendlichem Hafenliegen ausgelegt. Die beiden 50 W-Paneele auf dem Dach sind jetzt mit drei 110W- Paneelen ergänzt worden, die auf den nachgerüsteten Davits montiert sind, um die drei 140 Ah Verbraucherbatterien fit und voll zu halten. Hoffentlich reicht’s, denn die Paneele sind im Gegensatz zu dem auf dem SCHWÄLBCHEN nicht drehbar. Innen sorgt ein leistungsfähiger Inverter dafür, dass wir auch mal mit 220 V arbeiten können. Zusammen mit der bb-Motorbatterie, diversen Steuer- und Sicherungsgeräten und dem isolierten Boiler hat sich unter der bb-Achterkoje eine fast schon drangvoll-kompakte Technik-Enge entwickelt.

Der Voreigner hat eine Menge schöner und komfortabler Dinge einbauen lassen bis hin zu Heizungen in Salon und allen Kabinen – extrem wichtig im MED! – oder zum beheizbaren Handtuchhalter (!) Schön und gut, aber einiges mussten wir austauschen, zB das das Beiboot; es handelte sich um ein sauteures Walker Bay, das man segeln, rudern und mit E-Motor bewegen kann. Da sprang aber der Funke nicht über, zu plump, zu wackelig, zu schwer: wir verkauften es zu einem Preis, zu dem wir bequem ein flammneues und sehr gutes Schlauchi kaufen konnten, ein 2,90 m langes Zodiac mit Alu-Boden, UV-geschützt durch ein Cover tailor-made by Mary, motorisiert durch meinen treuen 4 PS-Zweitakter. Man höre und staune: Mary kommt mit dem Teil ins Gleiten. Ich hingegen muss mich mit der Vorstellung zufrieden geben, dass ich mit einem etwas stärkeren Motor …

Bisher – bis zum Sommer 21 – sind wir erst einige Wochen auf der SCHWALBE unterwegs gewesen. Erstes Fazit: Wir sind glücklich und zufrieden mit dem neuen Geflügel. Mit den Segeleigenschaften wie mit Komfort und Lebensraum. Aber wir mussten auch feststellen, dass der 38’ Katamaran SCHWALBE ungleich mehr Aufwand einfordert als der 31’ Monohull SCHWÄLBCHEN. Nicht nur bei Pflege und Wartung, auch bei alltäglichen Dingen wie Segelsetzen oder Vorbereiten zum Anlegen.

Hoffen wir mal, dass sich das relativiert, wenn der ganze Winterdreck weggeschrubbt ist, alle Geräte montiert und von uns verstanden sind, alle Stauräume organisiert und eingerichtet sind und wir und das Schiff sich besser, routinierter miteinander arrangiert haben – mit all dem konnten wir ja erst im Juni so richtig loslegen, nachdem ich das SCHWÄLBCHEN in Griechenland verkauft habe.

Die Chancen stehen ausgezeichnet.